Margitta B. Beil-Hildebrand: Institutional Excellence im Krankenhaus; Verlag Hans Huber, Bern 2003

S. 35

 

Alles geht vom Menschen aus: die funktionale Perspektive

Viele Autoren des Excellence-Trends (der ab 1982, auf die Publikation des Werks von Peters und Waterman hin entstand) haben sich die pragmatische Sichtweise, nämlich dass Unternehmenskulturen verändert werden können, zueigen gemacht und sich dafür entschieden, aber auch andere dazu bewegt, die Kultur als mächtiges Organisationsinstrument zu betrachten, das «Verhalten beeinflusst, der Belegschaft ein Gefühl von Identität vermittelt und anerkannte und allgemein akzeptierte Voraussetzungen für Entscheidungen herstellen kann» (Ogbonna, 1992/1993, S.42) Mögen interkulturell arbeitende Analytiker den Begriff Kultur aus der Anthropologie übernommen haben, um damit verschiedene Aspekte des Lebens einer Organisation zusammenzuführen und zu integrieren, so haben Peters und Waterman (1982) samt ihrer Anhängerschaft beschlossen, die ganze Bandbreite des anthropologischen Konzepts als «farbige Metapher» zu verwenden, um daraus eine spannende Sprache zu entwickeln und auf diese Weise traditionelle Begriffe wie etwa «Autorität, Anreizsysteme, Informationssysteme und dergleichen» zu ersetzen (Czarniawska-Joerges, 1992, S.168). In diesem Zusammenhang spielt die Kultur eine wichtige Rolle, denn

 

wo immer man eine offensichtlich erfolgreiche Dezentralisierung vorfindet, entdeckt man bei genauerem Hinsehen immer, dass es vorher eine Zeit intensiver Zentralisierung gab, in der bestimmte Grundtugenden erarbeitet und den Menschen eindringlich nahe gebracht wurden, erst dann wurde ihnen die Freiheit gelassen, ihre eigenen «unabhängigen», «autonomen» Wege zu gehen (Weick, 1987, S.124).

 

Für «Kulturpragmatiker» ist die Unternehmenskultur der Schlüssel zu einem sich selbst verstärkenden Engagement und Zusammengehörigkeitsgefühl der Belegschaft und zu einem gemeinsamen Selbstverständnis, weshalb sie die Lehren von unternehmerischer Produktivität und Wirtschaftlichkeit so begeistert übernehmen als seien sie die Lehre vom Heiligen Gral (Martin, 1985, S.95). Die Unternehmenskultur wird demnach als einigender und regulierender Mechanismus betrachtet, der direkt beeinflussbar ist und als «soziales oder normatives Bindemittel» eine potenziell diverse Gruppe von Organisationsmitgliedern zusammenhält (Smircich, 1983a, S.344). Diese Sichtweise betont den sozialen Zusammenhalt und die soziale Integration und schlägt vor, Unternehmenskultur als ein «Instrument» zu betrachten, «das den biologischen und psychologischen Bedürfnissen der Menschen dient» und als «einen adaptiven Regulierungsmechanismus, der die Systemstabilität fördert» (Legge, 1995, S.l86). Man geht hier ferner davon aus, dass der «Kopf» eines Unternehmens bei der Entwicklung eines kollektiven Bewusstseins durch Veränderung der vorhandenen Artefakte und bekundeten Werte eine führende Rolle spielt, und dass eine «gesunde» Kultur den Prozess der Anpassung und des Wachstums eines Unternehmens sowohl reflektiert wie aktiv fördert (Legge, 1995, S.l86).